Heeresgruppe Nord
1. Lebenslauf:
Die Heeresgruppe Nord wurde am 2. September 1939 für den Polenfeldzug aufgestellt. Der Stab wurde dabei durch die Umbildung aus dem AOK 2 aufgestellt, das vom 26. August 1939 an bereits als Heeresgruppenstab fungiert hatte. Die Heeresgruppe Nord sollte zunächst die polnischen Streitkräfte im polnischen Korridor zerschlagen, um eine Verbindung zwischen Ostpreußen und dem Hauptgebiet des Deutschen Reiches herzustellen. Danach sollte sie direkt auf Warschau vorstoßen, um damit den Hauptangriff, der im südlichen Polen stattfinden sollte, zu entlasten. Der Angriff der Heeresgruppe Nord kam in den ersten Tagen zumindest im Bereich der 4. Armee planmäßig voran. Im Korridor wurden Teile der polnischen Armee Pomerellen während der Schlacht in der Tucheler Heide bei Graudenz eingeschlossen und zerschlagen. Nur zwei ihrer Divisionen entkamen der Niederlage und schlossen sich der Armee Posen an. Zugleich stockte der Angriff der 3. Armee vor der Mlawa-Stellung. Die dort kämpfende Armee Modlin zog sich erst zurück, als die deutschen Kräfte ihre rechte Flanke umgangen hatten. Sie sammelte sich jedoch wieder in der Festung Modlin und am Bug. Die Heeresgruppe Nord stand nun östlich der Weichsel am Narew und musste gemäß dem Umfassungsbefehl des OKH große Teile der 4. Armee durch Ostpreußen an ihren linken Flügel verlegen, was einige Tage dauerte. Danach schloss sie am 9. September die Festung Modlin und Warschau von Norden her ein. Das XIX. Armeekorps (Teil der Heeresgruppe Nord) durchstieß nach Kämpfen bei Wizna die polnische Verteidigungslinie am Fluss Narew, rückte östlich des Bug mit starken Panzerkräften nach Süden vor und begann am 14. September den Angriff auf die Festung Brest, die nach drei Tagen fiel. Nach Beendigung des Feldzuges wurde das Heeresgruppenkommando aus Polen nach Westen verlegt und dort am 10. Oktober 1939 zur Heeresgruppe B umbenannt.
Neu aufgestellt wurde die Heeresgruppe Nord am 22. Juni 1941 zu Beginn des Russlandfeldzuges. Der Stab entstand dabei durch die Umbenennung der Heeresgruppe C. Die Heeresgruppe bestand aus der 18. und 16. Armee sowie der Panzergruppe 4, insgesamt 16 Infanterie-, drei motorisierten und drei Panzer-Divisionen. Sie sollte über die Memel nach Nordosten angreifen und die Düna zwischen Jakobstadt und Dünaburg erreichen. Fernziel war Leningrad. Schon am 23. Juni kam es bei Tauroggen – Schaulen zu schweren Panzerkämpfen, welche das deutsche XXXXI mot. Armeekorps mehrere Tage aufhielt, während weiter südlich das LVI. mot. Armeekorps zügig auf Jakobstadt vorankam. Am 28. Juni konnte das an der Ostseeküste eigenständig operierende XXVI. Armeekorps die Hafenstadt Libau erobern. Bie Mitte Juli 1941 konnte die Panzergruppe 4 den Peipussee erreichen. Am 10. August erfolgte der erste Angriff auf Leningrad, der jedoch nicht zum Erfolg führte, weil er ohne Infanterie-Unterstützung durchgeführt werden musste. Bis Ende August 1941 konnte die 18. Armee die estnische Hauptstadt Tallin erobern und folgte im September den Panzerverbänden zur Belagerung Leningrads. Auf Grund der hartnäckigen russischen Abwehr Leningrads und eines fehlenden finnischen Angriffs von Norden her wurde die Eroberung Leningrads zurück gestellt und die Heeresgruppe Nord ging zur Belagerung der Stadt über. Es folgten Stellungskämpfe vor Leningrad und Angriffe zur Abschnürung Leningrads. Ende November 1941 versuchte das deutsche XXXXI. mot. Armeekorps erfolglos, durch den Vorstoß auf Tichwin die letzte offene Verbindung Leningrads über den Ladogasee nach Osten abzuschneiden. Im Juli 1942 gelang es der 18. Armee, die in die deutschen Linien der russischen 2. Stoßarmee in einer Kesselschlacht zu vernichten und die durch die Winteroffensive der Sowjets aufgerissene deutsche Front zu stabilisieren. Nach der Eroberung der Halbinsel Krim wurde die freigewordene 11. Armee zur Heeresgruppe verlegt, ihre Verbände kamen gerade recht, um die sowjetischen Gegenoffensiven am Wolchow und bei Luga abzufangen. 1943 war ein Jahr von schweren Stellungskämpfen, aber ohne große Änderung der Frontlage. Erst als Ende Juni 1944, während der Katastrope bei der Heeresgruppe Mitte, kam wieder Bewegung in die Frontlinie der Heeresgruppe Nord. Die südliche Flanke der Heeresgruppe bei Polozk war durch die Zerschlagung der Heeresgruppe Mitte ungeschützt, so dass sich die Heeresgruppe Nord mit der 16. Armee nach Riga zurückziehen musste. Durch die Gegenoffensive der Leningrader Front im Januar 1944 war auch die 18. Armee nach Narwa zurückgedrängt worden, im Juli erfolgte über Riga der allgemeine Rückzug der 16. und 18. Armee nach Kurland, wo sie abgeschnitten wurden. Am 25. Januar 1945 wurde der Stab in Heeresgruppe Kurland umbenannt.
Mit Befehl vom 19. Januar 1945 wurde die Heeresgruppe Mitte zum 25. Januar 1945 in Heeresgruppe Nord
umbenannt:
OKH/GenStdH/Op.Abt/Org.Abt. Nr. II/80094/45 g.Kdos. v. 19.1.1945
An
Ob.Kdo. H.Gr. Nord
Ob.Kdo. H.Gr. Mitte
Ob.Kdo. H.Gr. A
Ob.Kdo. H.Gr. Süd
1.) Es werden umbenannt:
a) Ob.Kdo. H.Gr. Nord in "Ob.Kdo. H.Gr. Kurland"
b) Ob.Kdo. H.Gr. Mitte in "Ob.Kdo. H.Gr. Nord"
c) Ob.Kdo. H.Gr. A in "Ob.Kdo. H.Gr. Mitte".
2.) Die Umbenennung tritt mit dem 25.1.1945 00 Uhr in Kraft.
gez. Wenck
Gen.Lt. u. Chef d. Führungsgruppe
Die Heeresgruppe gliederte sich in die 3. Panzerarmee, die 2. Armee und di 4.
Armee. Nachdem russische Angriffsspitzen diese Heeresgruppe Ende Januar 1945
erneut gespalten hatten, kämpfte sich der Rest der 4. Armee auf Königsberg
zurück und wurde im Raum des Heiligenbeiler Kessels im März aufgerieben. Die
Verbände der 2. Armee kämpften sich derweil nach Danzig und auf die Halbinsel
Hela zurück, wo sich das Armeeoberkommando Ostpreußen etablierte, deren Truppen
sich noch bis Mai 1945 halten konnten. Bereits am 8. April 1945 wurde das
Heeresgruppenkommando Nord aufgelöst und
bildete das AOK 12 im Reich.
2. Oberbefehlshaber:
Generaloberst Fedor von Bock Aufstellung - Umbenennung
nach Wiederaufstellung 1941:
Generalfeldmarschall Wilhelm Ritter von Leeb Aufstellung -
Generalfeldmarschall Georg von Küchler 17. Januar 1942 -
Generalfeldmarschall Walter Model 9. Januar 1944 -
Generaloberst Georg Lindemann 31. März 1944 -
Generaloberst Johannes Frießner 4. Juli 1944 -
Generaloberst Ferdinand Schörner 25. Juli 1944 -
nach Wiederaufstellung 1945:
Generaloberst Dr. Lothar Rendulic 27. Januar 1945 -
Generaloberst Walter Weiss 12. März 1945 -
Chef des Generalstabes:
Generalmajor Hans von Salmuth Aufstellung - Umbenennung
nach Wiederaufstellung 1941:
Generalleutnant Kurt Brennecke Aufstellung - 17. Januar 1942
Generalleutnant Wilhelm Hasse 25. Januar 1942 - 22. Januar 1943
Generalleutnant Eberhard Kinzel 22. Januar 1943 - 18. Juli 1944
Generalmajor Oldwig von Natzmer 19. Juli 1944 - Umbenennung
nach Wiederaufstellung 1945:
Oberst i.G. von Varnbühler von und zu Hemmingen Aufstellung - Auflösung
1. Generalstabsoffizier (Ia):
Oberst i.G. Wilhelm Hasse Aufstellung - Umbenennung
nach Wiederaufstellung 1941:
Oberst i.G. Paul Herrmann Aufstellung - 1. Juli 1943
Oberst i.G. Carl-Ulrich von Gersdorff 1. Juli 1943 - 30. Oktober 1944
Oberst i.G. Werner Richter 1. November 1944 - Umbenennung
nach Wiederaufstellung 1945:
Oberstleutnant i.G. Albert Schindler Aufstellung - Auflösung
3. Gliederung:
a) Heeresgruppentruppen:
Heeresgruppen-Nachrichten-Regiment 537
Heeresgruppen-Nachrichten-Regiment 639 (2. Aufstellung)
Heeresgruppen-Nachrichten-Regiment 537
b) unterstellte Großverbände:
Datum | Verbände |
September 1939 | 3. Armee, 4. Armee |
Oktober 1939 | 6. Armee, 4. Armee |
nach Wiederaufstellung 1941: | |
Juni 1941 | 18. Armee, 16. Armee, Panzergruppe 4 |
Oktober 1941 | 18. Armee, 16. Armee |
Januar 1942 | 18. Armee, 16. Armee |
September 1942 | 18. Armee, 16. Armee, 11. Armee |
Dezember 1942 | 18. Armee, 16. Armee |
März 1944 | Armee-Abteilung Narwa, 18. Armee, 16. Armee |
Mai 1944 | Wehrmachtsbefehlshaber Ostland, Armee-Abteilung Narwa, 18. Armee, 16. Armee |
Oktober 1944 | 16. Armee, Armee-Abteilung Grasser, 18. Armee |
November 1944 | 16. Armee, Armee-Abteilung Kleffel, 18. Armee |
Dezember 1944 | 16. Armee, 18. Armee |
Januar 1945 | 16. Armee, 18. Armee |
nach Wiederaufstellung 1945: | |
Februar 1945 | Armee-Abteilung Samland, 4. Armee |
4. Ersatz:
Für die Ersatzgestellung des ersten Stabes war das Infanterie-Ersatz-Bataillon 67 zuständig. Nach der Wiederaufstellung übernahm dann das Infanterie-Ersatz-Bataillon 81, später Grenadier-Ersatz-Bataillon 81, diese Aufgabe. Bei der erneuten Wiederaufstellung im Jahr 1945 übernahm dann das Grenadier-Ersatz-Bataillon 67 diese Aufgabe.
5. Literatur und Quellen:
Georg Tessin: Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939–1945. Band 14. Die Landstreitkräfte. Namensverbände. Die Luftstreitkräfte. Fliegende Verbände. Flakeinsatz im Reich 1943–1945. Biblio-Verlag, Bissendorf 1980
Werner Haupt: Kurland 1944/45 - Die vergessene Heeresgruppe Gebundene Ausgabe, Dörfler Verlag, Oktober 2007
Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrsg.): Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Band 8: Die Ostfront 1943/44. Der Krieg im Osten und an den Nebenfronten. Mit Beiträgen von Karl-Heinz Frieser, Bernd Wegner u. a. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2007
Werner Haupt: Heeresgruppe Nord 1941 - 1945 Gebundene Ausgabe, Podzun-Verlag, 1967