Stieff, Hellmuth Luwig Gustav Arnold

 

* 6. Juni 1901, Deutsch Eylau, Kreis Rosenberg (Westpreußen)

† 8. August 1944, Berlin-Plötzensee (hingerichtet)

 

 

Hellmuth Stieff war der Sohn vom Artillerieoffizier Major Wilhelm Bruno Walter Stieff und dessen Ehefrau Anna Laura Maria Carla 'Annie', geborene Krause. Nach seinem Notabitur im Juli 1918 trat er als Kriegsfreiwilliger in die Königlich Preußische Armee ein. Er kam dabei zum Ersatztruppenteil vom Feldartillerie-Regiment Nr. 71 "Groß-Komtur". Er wurde ab September 1918 auch noch an der Front eingsetzt. Dazu kam er am 9. September 1918 zu dem aktiven 2. Westpreußisches Feldartillerie-Regiment Nr. 36.  Er wurde nach dem Krieg im Jahr 1919 in das vorläufige Reichsheer übernommen. Am 30. Mai 1920 starb sein Vater in Berlin-Schöneberg. 1920/21 wurde er als Fähnrich in das 100.000 Mann-Heer der Reichswehr übernommen. Er gehörte dort zum 3. (Preußisches) Artillerie-Regiment. Vom 4. Januar 1921 bis zum 20. August 1921 besuchte er den 1. Lehrgang an der Infanterieschule in München. Danach absolvierte er 1922 den 2. Lehrgang. Nach dessen Abschluss wurde er am 1. Dezember 1922 bei seinem Regiment zum Leutnant befördert. Sein Rangdienstalter wurde dabei auf den 1. April 1922 festgelegt. Im Frühjahr 1923 gehörte er als solcher als Batterieoffizier zur 12. (r) Batterie vom 3. (Preuß.) Artillerie-Regiment in Potsdam. Im Frühjahr 1924 gehörte er in gleicher Funktion zur Ausbildungs-Batterie seines Regiments am gleichen Standort. Vom 24. September 1924 bis zum 28. Oktober 1924 wurde er zur Ausbildung an Festungsgeschützen kommandiert. Vom 5. Januar 1925 bis zum 15. Mai 1925 absolvierte er eine Ausbildung im Nachrichtendienst. Im Frühjahr 1925 gehörte er als Batterieoffizier zur 11. (r) Batterie seines Regiments ebenfalls in Potsdam. Vom 16. Mai 1925 bis zum 29. Mai 1925 besuchte er einen Steilbeobachterkurs. Im Frühjahr 1926 gehörte er in gleicher Funktion wieder zur 12. (r) Batterie seines Regiments. Vom 1. Juli 1926 bis zum 10. November 1926 absolvierte er eine Ausbildung im Rennreiten. Am 1. Februar 1927 wurde er zum Oberleutnant befördert. Als solcher gehörte er im Frühjahr 1927 als Batterieoffizier wieder zur 11. (r) Batterie vom 3. (Preuß.) Artillerie-Regiment in Potsdam. Ab dem 1. Oktober 1927 gehörte er als Batterieoffizier zur 1. Batterie seines Regiments in Schweidnitz. Am 23. September 1929 heiratete er die ein dreiviertel Jahr jüngere Cäcilie Gaertner, Tochter des Bergwerksdirektors Dr. phil. und Dr. ing. Adrian Gaertner, in Ludwigsdorf, Kreis Neurode. Im Frühjahr 1930 und 1931 gehörte er als Batterieoffizier zur 2. Batterie vom 3. (Preuß.) Artillerie-Regiment ebenfalls in Schweidnitz. Vom 25. September 1930 bis zum 5. November 1930 besuchte er einen Schießlehrgang für Artillerieoffiziere. Am 1. Oktober 1931 wurde er zum Fürsorgeoffizier ernannt. Am 11. März 1932 absolvierte er seine Wehrkreisprüfung. Im Frühjahr 1932 gehörte er zur 16. (r) Batterie seines Regiments in Sagan. Am 1. Oktober 1932 wurde er zum 6. (Preuß.) Artillerie-Regiment versetzt. Hitlers Machtübernahme begrüßte er anfangs euphorisch. Er war der innersten Überzeugung, daß Hitler der „Begründer einer neuen unzweifelhaft epochalen Weltanschauung" sei und fand dessen Rede auf dem Reichsparteitag in Nürnberg "Ganz fabelhaft". Am 1. Mai 1933 wurde er zur Verfügung des Chefs der Heeresleitung gestellt. Von dort wurde er für seine Generalstabsausbildung zum Offizierslehrgang kommandiert. Während des Lehrgangs wurde er am 1. April 1934 zum Hauptmann befördert. Bei der Erweiterung der Reichswehr zur Wehrmacht am 1. Oktober 1934 gehörte er noch zum Offizierslehrgang. Ab Februar 1935 besuchte er die Kriegsakademie. Am 15. April 1935 wurde er zum Stab der Kommandantur Elbing versetzt. Bei der Enttarnung der Einheiten am 15. Oktober 1935 kam er durch die Umbenennung seines Stabes zum Generalstab der 21. Infanterie-Division in Elbing. Bei diesem wurde er als 2. Generalstabsoffizier (Ib) eingesetzt. Er absolvierte auch noch eine Hilfsdolmetscherprüfung in Französisch. Am 15. April 1936 wurde er als Hauptmann i.G. in den Generalstab übernommen. Am 12. Oktober 1937 wurde er als Nachfolger von Hauptmann Freiherr von Hohenhausen als Chef der 4. Batterie zum Artillerie-Regiment 33 nach Landau in der Pfalz versetzt. Sein Nachfolger als Ib in Elbing wurde Hauptmann Bloch von Blottnitz. Am 1. August 1938 wurde er zum Major befördert. Am 4. September 1938 schrieb er, dass er durch die Reden „ein sehr klares und sympathisches Bild der Bewegung" erhalten habe. Als Major i.G. wurde er am 20. Oktober 1938 zur I. Abteilung des Generalstabs des Heeres nach Berlin kommandiert. Am 10. November 1938 wurde er auch in die I. Abteilung des Generalstabs des Heeres nach Berlin versetzt. Er übernahm dort die Untergruppe IIa. Dort wurde ihm später ein neues Rangdienstalter als Major i.G. vom 1. August 1937 verliehen. Bei der Mobilmachung für den 2. Weltkrieg Ende August 1939 kam er als Gruppenleiter III zur Operationsabteilung beim Generalstab des Heeres. Bei einer Dienstreise im besetzten Polen im November 1939 ist er tief betroffen von dort veranstalteten Scheußlichkeiten der Besatzer. Auch bei seiner Beförderung zum Oberstleutnant zum 1. November 1940 war er noch als Leiter der Gruppe III bei der Operationsabteilung im Generalstab des Heeres. Am 24. September 1941 wurde er als Nachfolger von Oberstleutnant i.G. Horst von Zitzewitz als 1. Generalstabsoffizier (Ia) bei der 4. Armee eingesetzt. Sein Nachfolger als Gruppenleiter wurde Hauptman i.G. Christian Schaeder. Die Armee stand im Mittelabschnitt der Ostfront im Einsatz. Am 23. April 1942 erhielt er folgende Beurteilung von Oberst i.G. Julius von Bernuth, Chef des Generalstabes der 4. Armee: "Sehr kluge, geistig sehr bewegliche, lebensbejahende Persönlichkeit. Augesprochene operative Veranlagung. Klar in der Gedankenführung, entschlußfreudig, einfallsreich. In schwierigsten Lagen zuverlässig. Schnell und energisch im Denken und Handeln. Tapferer Offizier. Sehr beliebter Kamerad. Bewertung: Füllt ausgezeichnet aus. Empfehlung: Korpschef, Ia bei einer Heeresgruppe." Dazu ergänzte am gleichen Tag General der Infanterie Gotthard Heinrici, OB der 4. Armee: "Einverstanden. Besonders bewährter Generalstabsoffizier." Zum 1. Juni 1942 wurde er zum Oberst befördert. Auf die Herbstanfrage 1942 wurde ihm vom OB des AOK 4 die Eignung zum Divisionskommandeur zugesprochen." Am 23. Oktober 1942 wurde er wieder in die Organisationsabteilung beim Generalstab des Heeres versetzt. Dort sollte er Abteilungschef werden. Mit der Wahrnehmung der Geschäfte als Ia wurde beim AOK 4 Major i.G. Jobst von Reden beauftragt, bevor sein Nachfolger Oberstleutnant i.G. Ivo-Thilo von Trotha eintraf. Nach mehreren Gesprächen mit Oberst i.G. Henning von Tresckow entschließt sich Stieff, an der Vorbereitung eines Attentates auf Hitler mitzuwirken. Zum 1. Februar 1944 wurde er zum Generalmajor befördert. Stieff und General Eduard Wagner stellten im Februar 1944 die Unterstützung des Widerstands weitgehend ein, da sie Sorge tragen, der gesamte militärische Führungsapparat werde lahmgelegt. Der sich abzeichnende Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte und damit der drohende mögliche Angriff der Roten Armee auf die Heimat markierten den Wendepunkt und bestärkten im Juni 1944 wieder die Entschiedenheit, den Krieg zu beenden. Er wohnte privat 1944 in der Sybelstraße 66 in Berlin-Charlottenburg. Sein eigentliche private Residenz war aber die Villa Gaertner in Thalgau bei Salzburg. Für den 15. Juli 1944 hatte Oberst Stauffenberg das Attentat auf den Führer geplant, auch wenn Göring und Himmler abwesend sein sollten. In Berlin waren alle vorbereitenden Maßnahmen dazu eingeleitet. Erst nach Eintreffen in der Wolfsschanze sagt Stieff ihm, im Einvernehmen mit den Generalen Wagner, Thiele und Fellgiebel, dass die Bombe nur in Anwesenheit des RFSS, Himmler, gezündet werden dürfe. Der tief Enttäuschte ist nach telefonischer Rückspache mit Oberstleutnant Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim dennoch zum Attentat bereit, aber inzwischen war die Gelegenheit vorbei. Stieff hatte damals die verräterische Aktentasche Stauffenbergs beiseite gebracht. Nun war der Elan dahin. Am 20. Juli 1944 selbst wurden Wagner, Thiele und Stieff nicht sonderlich unterstützend aktiv. An diesem Tag muss gegen 20 Uhr dem anrufenden Generalfeldmarschall Günther von Kluge gestehen, dass Hitler noch lebt, was dessen Verhalten in der Folge wesentlich mitbestimmt. Gegen 24 Uhr dieses Tages wird er in Bereich vom Führerhauptquartier Wolfsschanze zusammen mit Fellgiebel im Feldhauptquartier (Lager “Anna“ am Mauersee) verhaftet. Bei den nachfolgenden Vernehmungen wurde er von der Gestapo schwer misshandelt. Sein Schweigen rettet einigen Mitverschwören das Leben. Am 4. August 1944 wurde er vom Ehrenhof des Heeres aus der Wehrmacht ausgestoßen.Im ersten Prozess gegen die Attentäter des 20. Juli 1944, der am 7. und 8. August 1944 im Großen Plenarsaal des Kammergerichtes Berlin in der Elsholtzstraße stattfand, wurde er am 8. August 1944 zum Tode verurteilt. Er wurde noch am gleichen Tag in Berlin-Plötzensee erhängt.. Dies geschah kurz nach Generaloberst Erich Hoepner und kurz vor Oberstleutnant Robert Bernadis um 17:34 Uhr. Seine Schwester Ursula Magarete Berta Stieff wurde am 28. Oktober 1911 in Deutsch Eylau geboren. Diese heiratete am 30. Dezember 1937 den über sechs Jahre älteren Hauptmann an der Kriegsakademie Hasso Paul Rudolf Julius August Grundmann in Berlin-Schöneberg. Dieser geriet im August 1944 als Oberstleutnant und Kommandeur vom Grenadier-Regiment 918 in Toulon in alliierte Gefangenschaft.

 

Literatur und Quellen:
Krug, Ottomar: Deutsche Generale 1867-1945, Bundesarchiv Freiburg, Signatur MSG 109/109845
Stellenbesetzung im Reichsheer 1. Oktober 1921, Biblio-Verlag 1968
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. April 1923, Berlin, Mittler und Sohn 1923
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. April 1924, Berlin, Mittler und Sohn 1924
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1925, Berlin, Mittler und Sohn 1925
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1926, Berlin, Mittler und Sohn 1926
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1927, Berlin, Mittler und Sohn 1927
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1928, Berlin, Mittler und Sohn 1928
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1929, Berlin, Mittler und Sohn 1929
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1930, Berlin, Mittler und Sohn 1930
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1931, Berlin, Mittler und Sohn 1931
Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. Mai 1932, Berlin, Mittler und Sohn 1932
Stellenbesetzung des Deutschen Reichsheeres nach dem Stand vom 1. Mai 1933
Stellenbesetzung des Deutschen Reichsheeres nach dem Stand vom 1. April 1934
Stellenbesetzung Reichsheer 1. Oktober 1934
Stellenbesetzung Reichsheer 15. Oktober 1935
Stellenbesetzung Wehrmacht 6. Oktober 1936
Stellenbesetzung des Heeres mit Stand vom 12. Oktober 1937
Stellenbesetzung des Heeres 1938

Podzun, H. H. (Hg.): Das Deutsche Heer 1939. Gliederung, Standorte, Stellenbesetzung und Verzeichnis sämtlicher Offiziere am 3. Januar 1939, Bad Nauheim, Podzun 1953
Wolfgang Keilig: Die Generale des Heeres und die Sanitätsoffiziere im Generalsrang, Podzun-Verlag 1983
https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1991_3.pdf